26.06.2018

Haushaltsdefizite und Staatsverschuldung in CEE: Derzeit ziemlich gute Noten, aber die Zukunft wird herausfordernder

  • Staatsverschuldung und Haushaltsdefizite sind in den letzten Jahren in der gesamten CEE-Region deutlich zurückgegangen
  • Die Staatshaushalte in CEE haben erheblich von gesunkenen Zinskosten und dem allgemeinen Wirtschaftsaufschwung profitiert
  • Die CEE-Länder sollten Aufbau von Finanzreserven für den Fall eines Abschwungs forcieren, aber auch öffentliche Investitionen verstärken

Die Staaten der CEE-Region haben in den letzten Jahren beim Abbau der Staatsschulden große Fortschritte gemacht. Die Staatsverschuldung der gesamten CEE-Region ist in Prozent des BIP gerechnet von 53,9% im Jahr 2013 auf 48,3% im Jahr 2017 gesunken und liegt damit deutlich unter dem Durchschnitt des Euroraums von fast 90%. Zu Schuldensenkung trugen sowohl ein stärkeres Wachstum im nominellen BIP als auch die Reduktion der Haushaltsdefizite bei.

Gross public debt

Einige CEE-Länder – nämlich Tschechien, Kroatien, Serbien und Slowenien – konnten im vergangenem Jahr sogar Haushaltsüberschüsse erzielen und alle Länder der Region blieben unter der als Maastricht-Kriterium festgelegten Defizitgrenze von 3% des BIP. Dazu kommt, dass die Länder der CEE-Region ihre Fremdwährungsreserven in den letzten Jahren deutlich steigern konnten“, streicht Fritz Mostböck (Leiter des Group Research der Erste Group) hervor. „Angesichts des aufgrund demografischer Entwicklungen erwarteten Kostenanstiegs – etwa die alternde Bevölkerung sowie höhere Kosten im Gesundheitswesen – ist es dennoch klar, dass die CEE-Länder noch weitere fiskalpolitische Anstrengungen machen werden müssen um sicherzustellen, dass sie ihre derzeit günstige Haushaltslage auch wirklich nachhaltig absichern können und, dass für den Fall eines Konjunkturabschwungs ausreichende Finanzreserven vorhanden sind.“

Einer der Gründe, warum die finanzielle Stabilität der Volkswirtschaften der Region angezweifelt werden könnte: Die Reduktion der Haushaltsdefizite wurde durch den massiven Rückgang der Zinskosten und den Konjunkturaufschwung wesentlich erleichtert – auf diese globalen Trends haben die einzelnen Staaten im Allgemeinen jedoch kaum Einfluss. Angesichts der in letzter Zeit in ganz CEE gestiegenen Konsumausgaben scheinen die Regierungen der Region darüber hinaus ihre Haushalte durch Kürzungen staatlicher Investitionen unter Kontrolle halten zu wollen.

„Investitionen des öffentlichen Sektors sind ganz wesentlich für das langfristige Wachstumspotenzial der Volkswirtschaften der CEE-Region, deren BIP im laufenden Jahr um 4,1 Prozent steigen dürfte – deutlich mehr als die BIP-Prognose von 2,4 Prozent für die Eurozone. Nimmt man bei solchen Investitionen aus Budgetgründen Einschnitte vor, ist dies politisch vergleichsweise leicht umzusetzen, kann aber zu einer ungünstigen Struktur der Staatsausgaben führen", so Zoltan Árokszállási, Chefanalyst CEE Macro/FI Research bei der Erste Group.

Zwar läuft derzeit gegen kein einziges CEE-Land ein Defizitverfahren der Europäischen Kommission, doch wurde von dieser für Ungarn und Rumänien wegen starker Abweichungen von den mittelfristigen Budgetzielen ein Frühwarnmechanismus (Significant Deviation Procedure) aktiviert. Mit Ausnahme Kroatiens und Tschechiens werden voraussichtlich auch alle anderen CEE-Länder, die EU-Mitglieder sind, von ihren mittelfristigen Budgetzielen abweichen. Da nicht dem Euroraum angehörenden Ländern bei Abweichungen keine formellen Sanktionen drohen, werden sie die Empfehlungen der Europäischen Kommission jedoch wohl auch weiterhin ignorieren.

Aus den genannten Gründen sind weitere Fiskalanpassungen, Änderungen in der Zusammensetzung der Staatsausgaben und Strukturreformen für die Länder der Region von wesentlicher Bedeutung. Noch dringlicher werden die erforderlichen Maßnahmen angesichts der voraussichtlichen Kürzung (und langfristig sogar des völligen Versiegens) der Mittel aus EU-Fonds, was die Finanzierung eines großen Teils der staatlichen Investitionen in der Region unter Druck bringen wird. Die CEE-Länder werden in der Programmperiode 2021-2027 wohl mit deutlich strengeren Regeln für die Ausgabe von EU Mitteln (z.B. geforderte Beachtung des Kriteriums der Rechtsstaatlichkeit) konfrontiert sein. Das absehbare Auslaufen der ultralockeren Geldpolitik der EZB wird ebenfalls den Reformdruck erhöhen, da vom Zinsumfeld weniger Unterstützung als in den vergangenen Jahren zu erwarten sein könnte. Damit werden die CEE-Länder mehr tun müssen, um für den Fall eines Wirtschaftsabschwungs finanziell ausreichend vorzusorgen und Mittel für die Finanzierung staatlicher Investitionen bereitzustellen.