Rechtsrahmen
Die Erste. Von der Wiener Sparkasse zum europäischen Gestalter
Band 2 der Corporate Archives Schriftenreihe entstand im Zuge des vom Max Planck Institut für internationales und ausländisches Privatrecht organisierten internationalen Forschungsprojekt zu „Großen Gesellschaftsverträgen und Satzungen aus Geschichte und Gegenwart“. Er beleuchtet die rechtshistorische und gesellschaftliche Bedeutung der Rechts- und Organisationsformen, die die Erste österreichische Spar-Casse seit ihrer Gründung angenommen hat.
Die Anfänge
Die Statuten - d.h. die Gründungssatzung - entstanden 1819, zu einer Zeit, als es noch keine allgemeine rechtliche Grundlage für das Sparkassenwesen gab. Die Errichtung der Sparkasse wurde von einem privaten Verein mit sozialem Zweck vollzogen, genehmigt durch den Staat.
Die Leitidee der Sparkasse wurde explizit formuliert: Die Sparkasse solle dazu beitragen, „von mühsamem Erwerbe von Zeit zu Zeit ein kleines Capital zurück zu legen“, für Alter, Krankheit oder Notzeiten. Damit verbunden war der aufklärerische Gedanke von Selbsthilfe und Eigenverantwortung.

Errichtung, Statuten und Reglement der ersten Oesterreichischen Spar-Casse, 1819
Verbreitung und gesellschaftliche Rolle
Erst 1844 wurde mit dem sogenannten Sparkassenregulativ ein Gesetz geschaffen, das die Statuten der Ersten österreichischen Spar-Casse zum Vorbild nahm. Es etablierte die juristisch-organisatorische Zweiteilung von Verein und Sparkasse.
Zugleich wurden auch Gemeinden als Gründerinnen von Sparkassen zugelassen, eine wesentliche Voraussetzung für den Sparkassenboom in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Der Gemeinnützigkeitsgedanke blieb zentral: Weder Gemeinden noch Vereine durften Gewinne entnehmen, sondern mussten sie der Allgemeinheit zukommen lassen. Bedeutende Summen flossen meist in soziale Projekte, von Waisenanstalten bis Frauenvereine.
Ein steter Kompass
Die veränderten Voraussetzungen ab den 1970er- und 1990er-Jahren führten zur Entwicklung der Sparkassen hin zu Universalbanken und zur Übertragung des Bankbetriebs auf eine Aktiengesellschaft, deren Aktien von der Sparkasse gehalten werden. Die historische Satzung wird von der Erste Group jedoch nach wie vor als „Wertekompass“ verstanden, als Corporate Purpose, wie man heute sagen würde. Themen wie finanzielle Gesundheit, Teilhabe und Finanzbildung knüpfen an die Gründungsidee von 1819 an.