

„Das Ungewisse kann schön sein.“
Im Gespräch mit Désirée Marie Holjevac
Désirée Marie Holjevac verantwortet den Bereich „Vertrieb Filialen“ der Erste Bank Oesterreich seit Februar 2025. Sie hat ihre Karriere 2004 im Corporate-Bereich der Tiroler Sparkasse gestartet und war dort in unterschiedlichsten Funktionen tätig. Berufsbegleitend studierte sie am Management Center Innsbruck „Wirtschaft & Management“ und verantwortete zuletzt das Geschäftsfeld Private Banking. Die zweifache Mutter verbringt ihre Freizeit am liebsten mit Reisen und Sport.
Liebe Désirée, wo kommst du her?
Ich komme aus dem beschaulichen Innsbruck. Geboren wurde ich in eine Unternehmerfamilie und habe schon früh gelernt, dass Vielfalt zu leben auch bedeutet manchmal Risiken einzugehen.
Ich bin aufgewachsen in verschiedenen Kulturen und Religionen (atheistisch, römisch-katholisch und muslimisch) und habe in dieser Vielfalt meinen eigenen Weg gefunden, der mich zum Buddhismus gebracht hat - dessen Lebens- und Weltanschauungen mit mir resonieren. Das Ungewisse kann viel Schönes für uns bereit halten.
Wie wichtig ist dir Offenheit?
Offenheit ist mir unglaublich wichtig. Und auch: Neugier für andere Menschen, Kulturen, Lebensweisen, keine Berührungsängste zu haben.
Mein Papa ist nach der Matura mit 18 aus dem heutigen Iran nach Wien gekommen. Ohne die Sprache zu sprechen ohne Freunde oder Bekannte. Er war offen für das Leben, diese Einstellung hat mich schon früh geprägt.
Was war dein Plan vom Leben?
Als ich Anfang zwanzig war, war mein Plan ein ganz anderer: ich wollte nach New York, Karriere machen und ohne Ehe und ohne Kinder leben.
Aber es ist anders gekommen. Nach der Matura ist die Tiroler Sparkasse auf mich zugekommen und seitdem bin ich bei der Bank. Und auch privat ist es anders gekommen: Ich bin seit 17 Jahren mit meinem Mann zusammen und unsere Kinder sind 9 und 13 Jahre.
Die eigene Entwicklung aktiv zu beobachten und zu verfolgen ist eines der spannendsten Dinge im Leben. Was ich aber gelernt habe ist das: Alles, was man tut, zählt immer auf das eigene Leben ein. Die guten Dinge, aber auch die nicht so guten Dinge.
Und auch das: Bei sich selbst zu bleiben ist eine große Aufgabe.
Du bist gerade von Tirol nach Wien gekommen. Wie fühlt sich das an?
Ich bin seit Anfang Februar neu in Wien angekommen, nach zwanzig Jahren Sparkasse bin ich jetzt neu in der Rolle der Bereichsleiterin für den Filialvertrieb. Es ist ein großer Schritt, der mich mit viel Freude erfüllt, der aber auch viel Verantwortung bedeutet, nämlich meine Familie aus ihrem Umfeld in Tirol ins Ungewisse mitzunehmen.
Ich bin überzeugt, dass es 2025 möglich sein muss, ein Leben zu leben, in dem sich Mutter zu sein, eine Familie und Partnerschaft zu haben und eine Karriere sich nicht mehr ausschließen. Chancengleichheit muss mehr als ein Wahlkampfslogan sein!
Was mich an der neuen Rolle vor allem motiviert ist, Menschen in ihrer Entwicklung begleiten zu dürfen. Das ist eine tolle Aufgabe. Man sieht die gesamte Bandbreite des Lebens.
Was hast du gelernt?
Das ganze Leben ist eine Entwicklung. Wir ent-wickeln uns. Wir können uns an Erfolgen freuen und an Misserfolgen wachsen, weil wir davon lernen können.
Vor einem Jahr habe ich eine Ausbildung zur Neuro-Mentaltrainerin abgeschlossen und ich habe mir ein Wort auf ein Post-it geschrieben: Mutausbruch. Ich glaube, wir brauchen mehr von diesen Mutausbrüchen.
Ich habe gelernt: Ich bin nicht allein. Es gibt – im Privaten und im Beruflichen – unglaublich tolle Menschen um mich herum. Ich muss nicht und kann gar nicht perfekt sein, alles wissen und alles können, vielmehr darf ich mein ganzes Leben lang eine Lernende bleiben. Dieses Miteinander macht nachhaltigen Erfolg erst möglich.
Wie wichtig ist dir Vertrauen?
Vertrauen ist unglaublich wichtig. Dazu gehört Vertrauen ins Leben, in andere Menschen und vor allem auch auf sich selbst und in die eigenen Fähigkeiten zu vertrauen. Dazu gehört auch, dass man sich selbst kennenlernt und herausfindet, was einem Energie gibt, was Energie nimmt, was sich gut anfühlt und was auch nicht.
Wichtig ist, dass man sich selbst regelmäßig fragt: Wie geht es mir eigentlich?
Es ist wichtig anzunehmen, dass das Leben nicht nur schöne Dinge für einen bereit hält. Vieles ist nicht perfekt und auch nicht kontrollierbar. Das muss man lernen anzunehmen.
Die größte Aufgabe, ist immer wieder zurück ins Vertrauen zu gehen.
Was inspiriert dich?
Die Verbindung mit anderen Menschen, die mich wachsen lassen. Mich interessieren Menschen mit ihren Geschichten und Erlebnissen, die sie mitbringen. Davon lerne ich. Daran will ich wachsen.
Mich inspiriert aber auch einen Beitrag zur Finanzbildung leisten zu können. Wir alle haben ein Grundbedürfnis nach Sicherheit und Absicherung und anderen Menschen zu helfen, das zu erfüllen, ist eine tolle Aufgabe.
Wie entspannst du?
Ich versuche den Newsfluss runterzudrehen und eine andere Perspektive zu gewinnen. Mir selbst zuzuhören, ruhiger zu werden, Distanz zu den Dingen zu gewinnen - wie auf einem Berg, den man hoch geht, um von oben wieder klar sehen zu können. Ruhe und Gelassenheit sind wichtig und auch zu sagen: “Schauen wir uns die Sachen morgen nochmal an!”
Danke liebe Désirée für das Interview!