
Florian Pumhösl, 'Vorhangentwurf', 2015

Florian Pumhösl, Vorhangentwurf, 2015
Grand Hall, Polyester, Fiberglas
Für seinen künstlerischen Beitrag im Erste Campus ist Florian Pumhösl mit funktionellen Vorgaben konfrontiert gewesen, deren Rahmen durch die Architektur genau definiert war. Es galt einen Vorhang zu gestalten, durch den der Vortrags- und Veranstaltungssaal des Gebäudes, die Grand Hall, bei Bedarf abgedunkelt werden kann. Der Vorhang, den Florian Pumhösl dafür entworfen hat, basiert auf einer bei vollständiger Ausweitung ca. 60 m langen und 7 m hohen, schwarzen Polyester-Stoffbahn in Ziehharmonika-Faltung, die der Künstler zusammen mit der Wiener Firma Kohlmaier entwickelt hat. Entlang der sichtbaren Falten des Vorhangs hat er in vorab exakt festgelegten Abschnitten weiße Fäden in den Stoff einarbeiten lassen, die sich mit jeder Auf- bzw. Zuziehbewegung des Vorhangs zu variierenden geometrischen Flächen formieren. Diese geometrischen Kompositionen verändern sich abhängig von der Vorhangstellung. Befindet sich der Vorhang in seiner räumlich kompaktesten, gänzlich gefalteten Stellung, ergibt sich ein abstraktes Bild mit flächigen Dreiecken und zarten Linien. In der größten Ausweitung des Vorhangs entfalten sich die flächigen geometrischen Formen zu einem filigranen System an Linien und Punkten, die dann der unwillkürlich ergänzende Blick wieder zu flächigen Formen zusammenführt, gedehnt und in einen architektonischen Bildraum geweitet.
Die Vorgabe des Künstlers, den Vorhang zu den verschiedenen Veranstaltungen immer erst bei anwesendem Publikum in die gewünschte Stellung zu bringen, zielt auf diese Momente der Expansion und Kompression des Bildes ab. Der Unterschied zwischen dem Erkennen von Formen und Ordnungen und dem vermeintlich reinen Sehen steht am Beginn der historischen Formalismus-Diskussion. Der Vorhang von Florian Pumhösl knüpft an diese Auseinandersetzung an und stellt sie in den Zusammenhang mit seiner räumlichen Gestaltungsaufgabe.
Florian Pumhösl, geboren 1971, lebt und arbeitet in Wien. Die Anknüpfung an die visuelle Sprache der Moderne ist das zentrale Motiv der künstlerischen Arbeit von Florian Pumhösl. Dabei interessiert ihn nicht nur die historische Herleitung von Formen und ästhetischen Fragestellungen, sondern auch deren soziales und politisches Verständnis. Mit seinen Projekten war er in wichtigen internationalen Ausstellungen, Institutionen und Galerien vertreten, wie in der Yokohama Triennale, der 50. Biennale von Venedig und der Biennale von São Paulo, sowie in der documenta 12 in Kassel, im Museum moderner Kunst, Wien, in der Moderna Galerija, Ljubljana, in der Secession, Wien, im Stedelijk Museum, Amsterdam, im Kölnischen Kunstverein, in der Kunsthalle St. Gallen, im Macba, Barcelona, im Museum moderner Kunst, Warschau, in der Generali Foundation, Wien und im Kunsthaus Bregenz.
Text: Kathrin Rhomberg & Pierre Bal-Blanc